Mittwoch, 27. März 2013 / 18:26:23
Tragisches Ende des Spanischen Klubhauses in St. Gallen
Am Dienstagabend fand die ausserordentliche Generalversammlung der «Genossenschaft Spanisches Klubhaus» statt, bei der über die Zukunft des Hauses und des legendären Restaurationsbetriebes entschieden wurde.
Die Genossenschaft wurde vor mehr als 10 Jahren mit dem Zweck gegründet, die Liegenschaft Klubhausstrasse 3 in St. Gallen zu erwerben, baulich zu erhalten und für die Nutzung durch den Verein Hogar Espanol bereitzustellen. Das historische Gebäude war damals in einem eher schlechten Zustand und wäre vermutlich abgerissen worden, wenn es in die Hände von Spekulanten oder Investoren mit wenig Gespür für historische Bauten und interkulturelle Begegnungsstätten geraten wäre. Das Klubhaus beherbergt den letzten Gesellschaftssaal aus dem 19. Jahrhundert in St. Gallen. Das drohende Schicksal mobilisierte hunderte von Privatpersonen und diverse Institutionen, somit kam das nötige Kapital für den Kauf der Liegenschaft durch die damals neu gegründete Genossenschaft zusammen. Der Verlust des Gebäudes, und somit auch des traditionsreichen spanischen Klublokals, konnte somit in einem ersten Effort abgewendet werden.
In den letzten Jahren erfolgten diverse Renovationen und andere Optimierungen am Gebäude damit der Betrieb des Spanischen Klubhauses sichergestellt werden konnte.
Rivalitäten in der Spanischen Gemeinschaft und finanzielle Sorgen
Leider entwickelten sich innerhalb des Vereins Rivalitäten, welche nicht professionell gelöst werden konnten. Der Vorstand der Genossenschaft, welcher mit dem Auftrag der Erhaltung der Liegenschaft, eingesetzt wurde, verwickelte sich mehr und mehr in die Rivalitäten des Vereins und verlor offensichtlich das nachhaltige Interesse diese Kulturinstitution in der aktuellen Form zu unterstützen. Geldprobleme, aufgrund zu niedriger Mieteinnahmen, trugen dazu bei, diesen schleichenden Prozess der Entfremdung und gegenseitigen Schuldzuweisungen zu fördern.
Es entstand ein Finanzloch von ca. 500'000.- CHF in bar um die nötigen Kredite für weitere Renovationsarbeiten zu erhalten. Anstatt professionell weitere Genossenschafter zu werben und bestehende Genossenschafter zu einem neuen Engagement zu motivieren, traf der Vorstand einen Vorentscheid, entgegen der Statuten der Genossenschaft, dass das Klubhaus zu verkaufen sei. Die Neuzeichnung von Genossenschaftsscheinen wurde trotz grossem Interesse schon im Herbst 2012 sistiert um vermeintlichen Spekulanten den Zutritt zu verwehren. Der Stadt St. Gallen wurde vom Vorstand, trotz angespannter Finanzlage und attraktivem Grundstück, ein unentgeltliches Vorkaufsrecht gewährt.
Genossenschaftszweck ad absurdum geführt
An der gestrigen Generalversammlung wurde nun über die Zukunft des Gebäudes mit diversen Traktanden abgestimmt. Eine Gruppe um Gallus Hufenus beantragte, das Klubhaus gemäss den Statuten zu erhalten und Zeit einzuräumen um weitere Genossenschafter anzuwerben. Das nötige Kapital für eine weitere Sanierung könne innert nützlicher Frist gut gefunden werden. Hufenus engagiert sich, zusammen mit dem Heimatschutz, seit Jahren für die Erhaltung von gefährdeten Kulturbauten in der Stadt St. Gallen (news.ch berichtete).
Dieser Antrag wurde vom Vorstand zur Ablehnung empfohlen, die anwesenden Genossenschafter folgten dem Antrag des Vorstandes. Eine spätere Umfrage ergab, dass diverse Genossenschafter aus der spanischen Gemeinschaft aus Gründen der internen Rivalität gegen einen Weiterbetrieb mit dem aktuellen Verein Hogar Espanol stimmten und sich teils nicht bewusst waren, dass die Ablehnung einen Abbruch des historischen Gebäudes nach sich ziehen wird.
Um über die weiteren Traktanden abstimmen zu können, mussten in einer Zwischenabstimmung zuerst die Statuten der Genossenschaft geändert werden. Als neuer Zweck wurde nur noch die Pflege der Spanischen Kultur und die Möglichkeit des Kaufs und Verkaufs von Liegenschaften angenommen.
Über den Tisch gezogen
Zwei konkurrenzierende Traktanden, ein Neubau unter der Führung des Vereins oder der vom Vorstand favorisierte Verkauf, und somit ein neues Projekt durch einen neuen Eigentümer, wurden in der Folge gemeinsam zur Abstimmung gebracht. Durch die direkte Gegenüberstellung der beiden Traktanden, welche beide einen Abbruch zur Folge haben, wurde somit den Genossenschaftern die Möglichkeit genommen beide Anträge zu verwerfen.
Eine Mehrheit stimmte in der Folge für den Verkauf des historischen Gebäudes.
Die Abstimmung hatte einen manipulativen Charakter. Der vom Vorstand hinzugezogene Rechtskonsulent zögerte im Nachhinein, die Vorgehensweise als hundert Prozent korrekt zu taxieren. Sinngemäss meinte er, dass eine Abstimmung pro Traktandum fairer gewesen wäre. Reto Antennen, seines Zeichens verantwortlicher Präsident der Genossenschaft, meinte auf Anfrage schelmisch, dass eine solche kombinierte Abstimmung sich im Parlament auch schon oft bewährt habe um die eigenen Interessen durchzubringen.
So passte es dazu, dass im Anschluss an die Abstimmung auch schon der Käufer und ein bereits bestehender Grundbucheintrag präsentiert wurden. Ein Fait accompli vom Vorstand, ohne vorherige Ermächtigung durch eine Generalversammlung.
Fazit
Eine legendäre Institution, wie das Klubhaus Hogar Español, muss aus persönlichen und kurzsichtigen Interessen weichen. Ein weiteres historisches Gebäude, welches mit Hilfe von neuen Genossenschaftern, der Stadtverwaltung und anderen Institutionen mit einer vertretbaren Investition gerettet hätte werden können, muss voraussichtlich dem Renditedenken einer Ausgleichskasse weichen. Die Käuferin, die Familienausgleichskasse St. Galler Arbeitgeber des Detailhandels, wird das ehemals im Schutzverzeichnis befindliche Gebäude mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten einer höheren Rendite opfern.
Historisch und kulturell interessierte Mitbürger hoffen auf ein kleines Wunder.
ps (Quelle: news.ch)
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