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Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.

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Billy Wilder Monty Python

 Billy Wilder
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Freitag, 27. Mai 2016 / 09:02:13

Weg mit unseren Blasphemiegesetzen - fördern wir die Meinungsfreiheit in Pakistan und Co.

Die Klage des türkischen Möchtegern-Alleinherrschers Recep Erdogan gegen den Deutschen Satiriker Jan Böhmermann führte zur Einsicht, dass es für moderne Staaten an der Zeit ist, ihre Strafgesetzbücher zu entschlacken...

... Allgemeine Paragrafen, die den Einzelnen vor übler Nachrede oder Beschimpfung schützen, reichen aus. Spezielle Schutzparagrafen für Staatsoberhäupter können hingegen weg. Zu streichen sind auch die anachronistischen Blasphemieparagrafen. Säkulare Aktivisten in Pakistan, Saudi Arabien und anderen totalitären Ländern werden uns dafür danken.

Paragraf 103 des Deutschen Strafgesetzbuches droht jedem mit Busse oder Freiheitsstrafe, der ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt. Die Bundesregierung muss einem entsprechenden Strafverlangen ausdrücklich zustimmen. Dies tat sie Mitte April auf Verlangen der türkischen Regierung, die am Satire-Crash-Kurs von Jan Böhmermann keinen Gefallen gefunden hatte. Gleichzeitig kündigte die Bundesregierung jedoch an, den Paragrafen bis 2018 abschaffen zu wollen.

Erdogan könnte sich in der Schweiz auf einen ähnlichen Schutzparagrafen berufen: Artikel 296 stellt das Beleidigen von fremden Staaten in der Person ihres Oberhauptes, ihrer Regierung oder von diplomatischen Vertretern unter Strafe. Ebenso kann gemäss Artikel 297 mit Busse oder Haft bestraft werden, wer Vertreter von zwischenstaatlichen Organisationen beleidigt. Auch die Schweiz täte gut daran, diese Artikel ersatzlos zu streichen. Die Artikel 173 bis 177, welche Beschimpfung, üble Nachrede und Verleumdung unter Strafe stellen, reichen, um die Ehre auch von Staatsoberhäuptern, Regierungsmitgliedern und Diplomaten zu wahren.

Und es gibt in westlichen Demokratien weitere zweifelhafte Strafbestimmungen, die Untergruppen der Bevölkerung mit einem Sonderschutz gegen Kritik ausstatten: die so genannten Blasphemieverbote. In westlichen Staaten steht zwar typischerweise nicht die eigentliche «Gotteslästerung» unter Strafe. Aber was Religionsanhänger als beleidigend empfinden könnten, wird durch diese Paragrafen meist erfasst. Und sie werden vielerorts durchaus angewandt: Im Februar dieses Jahres verurteilte ein nordrhein-westfälisches Lokalgericht einen Rentner, weil dieser auf der Heckscheibe seines Fahrzeuges Sprüche wie «Kirche sucht moderne Werbeideen. Ich helfe. Unser Lieblingskünstler: Jesus - 2000 Jahre rumhängen und immer noch kein Krampf!» angebracht hatte. Und in Österreich wurde letztes Jahr jemand gebüsst, der ein Bild von Jesus am Kreuz und dem Kommentar «If you're Jesus and you know it - clap your hands» getwittert hatte. In Griechenland läuft seit 2014 ein Blasphemie-Verfahren gegen einen Blogger, der einen verstorbenen Priester karikiert hatte.

Für den Erhalt der Blasphemieparagrafen wird typischerweise ins Feld geführt, diese schützten nicht Gottheiten, sondern Gläubige. Das ist beispielsweise beim Schweizer Artikel 261 der Fall. Doch er führt dazu, dass eine Personengruppe mehr Schutz vor Kritik oder Spott geniesst als andere, denn der Artikel macht lediglich das Beschimpfen oder Verspotten von Überzeugungen «in Glaubenssachen» strafbar. Kein Gewerkschafter, keine Gewerbetreibende, kein Parteimitglied kann sich auf diesen Artikel berufen, um Kritiker der eigenen Überzeugung verfolgen zu lassen. Ihnen allen stehen nur die erwähnten Artikel zu Beschimpfung, übler Nachrede und Verleumdung zur Verfügung. Die reichen allerdings auch - und sie sollten für alle reichen.

Kampagne End Blasphemy Laws verdient Unterstützung

Blasphemieparagrafen werden also auch in Europa dazu verwendet, um Religionskritiker und Satiriker einzuschüchtern und mit Prozessen einzudecken. Doch sie haben noch weitaus fatalere Auswirkungen: Länder, in denen Blasphemiegesetze jede Kritik an Glaubenslehren und Religionsvertretern verunmöglichen sollen, verweisen bei Beanstandungen aus dem Westen auf unsere eigenen entsprechenden Gesetze. Wir untergraben mit unseren Blasphemieparagrafen also nicht nur bei uns das Gebot der rechtlichen Gleichbehandlung, wir spielen zudem totalitären Staaten in die Hände. Damit wir den Erdogans, Putins, Sharifs und Salmans nicht zusätzliche Legitimation für die Unterdrückung von oppositionellen Meinungen verleihen, lancierte die Dachorganisation säkularer und humanistischer Organisationen, die International Humanist and Ethical Union (IHEU) kurz nach den Attentaten auf die Charlie-Hebdo-Redaktion die Kampagne «End Blasphemy Laws».

Island machte im Juli vergangenen Jahres den Anfang und schaffte seinen Blasphemieparagrafen ab. Ziehen wir nach und entziehen wir den Verächtern der Meinungsfreiheit in der Türkei, in Russland, in Saudi-Arabien, in Pakistan und anderswo ihr bequemstes Argument!

Andreas Kyriacou (Quelle: news.ch)

http://www.st.gallen.ch/news/detail.asp?Id=698097
Links zum Artikel:

  • Blasphemiegesetze abschaffen!
    Kampagnen-Website, auf der für die Abschaffung der Blasphemiegesetze gekämpft wird.
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